Pressemitteilungen 2021
Hochdurchsatz-Bildanalysen ermöglichen einen Einblick in die Zellinteraktion bei Lungentumoren
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- 30.03.2021

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrums konnte mittels modernster Bildanalysen zeigen, dass das Wachstum von Nicht-kleinzelligen Tumorzellen und der damit verbundene Krankheitsverlauf nicht nur von der Anzahl der Immunzellen im Gewebe, sondern auch von der Distanz dieser Zellen zueinander und der damit möglichen Interaktion abhängt. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der renommierten Fachzeitschrift Journal for ImmunoTherapy of Cancer veröffentlicht und könnten in Zukunft bei der Entwicklung neuer Therapiekonzepte eine Rolle spielen.
Nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (non-small cell lung cancer, NSCLC) sind die häufigsten Formen des Lungenkrebses, einer Krankheit die immer noch zu den häufigsten Todesursachen weltweit gehört. Aufgrund der weitestgehend symptomlosen Entwicklung der Krankheit, weisen ca. 2/3 der Patienten bereits bei Diagnose ein lokal fortgeschrittenes Karzinom oder Metastasen auf, was die Behandlungsmöglichkeiten auf Radio/-Chemotherapie sowie zielgerichtete Therapien oder Immun-Therapien einschränkt. Diese Therapien sind abhängig von der Expression bestimmter Signalmoleküle des Immunsystems. Die Interaktion des Tumors mit den Immunzellen stellt eine vielversprechende Basis dar um neue Behandlungskonzepte zu entwickeln und wurde als Forschungsfeld 2018 mit der Verleihung des Nobelpreises für Physiologie und Medizin an James P. Allison und Tasuku Honjo weltberühmt.
Vorangegangene, standortübergreifende Studien unter Leitung von Prof. Dr. Torsten Goldmann im Rahmen einer Förderung des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) zeigten, dass der Transforming Growth Factor Beta (TGFB) Signalweg bei NSCLC verstärkt aktiv ist. Dieses regulatorische Protein ist für die Zellentwicklung und Differenzierung zuständig. Untersuchungen im Labor und im Organismus konnten zeigen, dass eine Therapie, die dieses Protein hemmt, eine anti-tumor Wirkung aufweist und zudem die Immunantwort des Wirtes verstärkt.
Im Zuge einer DFG-geförderten Kooperation mit Dr. Bernard A. Fox, Laboratory of Molecular and Tumor Immunology am Earle A Chiles Research Institut in Portland, Oregon untersuchte Dr. Sebastian Marwitz aus dem Labor von Prof. Dr. Torsten Goldmann in der Pathologie des Forschungszentrum Borstel, in welchen Immunzellen innerhalb von NSCLC-Tumoren eine hohe TGFB-Signalwegsaktivität vorliegt. Hierfür wurden modernstes Multiplex-Imaging und artifical-intelligence-basierte Bildanalysen angewandt, die eine detaillierte Charakterisierung von Zellen direkt im Gewebe und gleichzeitige Expression von Signalwegsmolekülen erlauben sowie die zelluläre Interaktion und Berechnung von räumlicher Nähe ermöglichen. „Die Berechnung welche Zellen sich in räumlicher Nähe zueinander befinden, lässt Rückschlüsse darauf zu, ob sie miteinander Signale austauschen können und welcher Natur diese sind. Dadurch lassen sich Vorhersagen darüber treffen, ob eine Interaktion der Immunzellen untereinander bzw. mit dem Tumor stattfinden kann und ob diese Interaktion im Krankheitsverlauf einen diagnostischen oder prognostischen Wert hat.“ kommentiert Dr. Marwitz als Erstautor die Ergebnisse.
Dank einer Förderung des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) besteht nun auch seit 2020 am Forschungszentrum Borstel die Möglichkeit diese Multiplex-IHC Verfahren anzuwenden und mittels AI-Bildanalysen Aussagen über die Interaktion und Signalaktivierungen von Zellen innerhalb von Patientengeweben zu treffen. Eine hohe Anzahl regulatorischer T-Zellen, also spezielle Zellen der körpereigenen Immunabwehr, in einem Radius von 30 µm um Effektor T-Zellen herum, waren bei NSCLC-Patienten mit einer kürzeren Überlebenszeit sowie einem schnelleren Wiederauftreten ihrer Tumorerkrankung assoziiert. „Dies zeigt, dass nicht nur die Anzahl bestimmter Zellen, sondern auch ihre Distanz zueinander einen Effekt haben, den man sich mittels zielgerichteter Therapien zu Nutze machen könnte,“ so Sebastian Marwitz. Dafür werden nun in der Pathologie am Forschungszentrum Borstel im Rahmen des DZL und in enger Kooperation mit Prof. Martin Reck von der LungenClinic Großhansdorf, Prof. Rajkumar Savai am Max-Planck-Institut Bad Nauheim sowie Kollegen der Thoraxklinik Heidelberg, größere Patientenkohorten systematisch mittels spatial profilings auf die Interaktion und Aktivierung ihrer Immunzellen untersucht.
Kontakt:
Dr. Sebastian Marwitz
Pathologie am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum
Parkallee 3a, 23845 Borstel
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Publikation:
Marwitz S, Ballesteros-Merino C, Jensen SM, et al. Phosphorylation of SMAD3 in immune cells predicts survival of patients with early stage non-small cell lung cancer. Journal for ImmunoTherapy of Cancer 2021;9:e001469. doi: 10.1136/jitc-2020-001469