Pressemitteilungen 2023

Wirksames Medikament gegen die Tuberkulose identifiziert

Die Anzahl von Patienten, die weltweit mit einer multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB) identifiziert wurden ist von 47.000 im Jahr 2009 auf 123.000 im Jahr 2015 dramatisch gestiegen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass die Dunkelziffer mindestens dreimal so hoch ist. 

Neue Medikamente zur Therapie der MDR-TB werden dringend benötigt. Die Entwicklung neuer Medikamente dauert mindestens ein Jahrzehnt und ist mit sehr hohen Kosten und wirtschaftlichen Risiken für die Pharmafirmen verbunden. Nicht einmal zwei Jahre nachdem zuletzt zwei neue Medikamente (Bedaquilin und Delamanid) zur Therapie der MDR-TB auf den europäischen Markt gekommen sind, wurde der erste Bakterienstamm mit Resistenzen gegen diese beiden neuen Antibiotika identifiziert.  

Alternative zur Entwicklung neuer Medikamente wird die Aktivität bereits existierender Medikamente mit anderen Indikationen für die Tuberkulosetherapie untersucht.

Lange Zeit glaubte man, dass ß-lactam-Antibiotika, Verwandte des Penicillins, keine Wirksamkeit in der Tuberkulosetherapie haben. EinTeam aus Südafrika, Spanien, Mozambique und Deutschland hat diese Ansicht nun widerlegt. Die Ärzte behandelten Patienten mit einer Lungentuberkulose, nach deren Zustimmung, zunächst vor Beginn der eigentlichen Standardtherapie über 14 Tage mit dem ß-lactam Antibiotikum Meropenem. Um Abwehrmechanismen der Bakterien auszuschalten, gaben sie zusätzlich Clavulansäure, einen Inhibitor der bakteriellen ß-Lactamase. Unter der Kombinationsbehandlung nahm die Bakterienlast im Sputum der Patienten rasch ab. ‚Die Effektivität der Behandlung war vergleichbar mit derer von Erstlinienmedikamenten, z. B. Rifampicin oder Pyrazinamid,‘ erklärt Professor Christoph Lange vom Forschungszentrum Borstel, beteiligter DZIF Forscher.

"Wenn wir keine andere Wahl hatten, haben wir in den vergangenen Jahren in Borstel mehr als 20 MDR-TB Patienten mit Meropenem/Clavulansäure in Kombination mit mindestens drei anderen Antibiotika behandelt. Der Therapieerfolg bei diesen Patienten ist bislang ausgezeichnet. Es ist im Einzelfall aber unklar, welche Komponenten einer Kombinationsbehandlung ausschlaggebend für einen anhaltenden Therapieerfolg sind. Wir haben aktuell nur die frühe bakterizide Wirksamkeit von Meropenem/Clavulansäure untersucht. Die Studie war nicht darauf ausgelegt, den langfristigen Effekt von Meropenem/ Clavulansäure auf die Heilungschancen der MDR-TB zu untersuchen", dämpft Lange zu hohe Erwartungen.

Mit der aktuellen Entdeckung öffnet sich ein neues Feld der klinischen Tuberkuloseforschung, auch bei anderen bereits zugelassenen Medikamenten die Wirksamkeit gegen die Tuberkulose zu testen. Dadurch könnten Entwicklungskosten gespart und Zulassungsverfahren beschleunigt werden.

Diacon AH et al. N Engl J Med;  2016 July 7th