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Klinische Studie mit Lungenfunktionsmessung, Foto: ARCN/Eric Shambroom

17.12.2025

DZL-Webinar zur Ethikberatung „One study – one vote” sorgt für großes Interesse

    Das neue Verfahren „One Study – one vote“ soll die ethische Beratung medizinischer Forschungsvorhaben in Deutschland vereinfachen und harmonisieren. Ein Jahr nach der Einführung zieht ein Webinar im Rahmen der DZL-Initiative „DZL Ethic@Lunch“ Bilanz: Welche Erfahrungen wurden bisher gesammelt und was kann noch verbessert werden? Mehr als 160 Personen aus dem biomedizinischen Forschungsumfeld interessierten sich für diese Fragen.

    Pressemitteilung vom Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) 

    Die von den beiden ARCN-Wissenschaftlerinnen Dr. Gesine Richter (Christian-Albrechts-Universität Kiel) und PD Dr. Karoline I. Gaede (Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum) aus der Plattform Biobanking & Datenmanagement des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) organisierte Veranstaltung begann mit Vorträgen zweier hochkarätiger Referent:innen: dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in Deutschland (AKEK) Prof. Dr. Georg Schmidt von der TU München und Dr. Inga Kaufhold von der Geschäftsstelle der Ethikkommission der Universität zu Lübeck, ebenfalls Mitglied des AKEK.

    Ethik-Votum ist verpflichtend bei Studien mit Proband:innen und Patient:innen

    Ethik-Kommissionen sind an Universitäten und Ärztekammern angesiedelt und haben die Aufgabe, Forschende bei der Konzeption von Vorhaben zu beraten. Dies betrifft Studien am Menschen oder mit menschlichen Bioproben (wie Blut oder Urin). Auch die Forschung mit klinischen Daten fällt darunter. Zu dieser ethischen und juristischen Beratung sind Ärzt:innen gemäß ihrer Berufsordnung verpflichtet: Ein sogenanntes Ethik-Votum muss zwingend eingeholt werden. Die Landschaft der Ethik-Kommissionen ist deutschlandweit zersplittert und sehr föderal geprägt. Dies führt insbesondere dann zu großen Herausforderungen, wenn in einer Studie mehrere Partner unterschiedlicher Institutionen mit unterschiedlichen jeweils zuständigen Ethik-Kommissionen zusammenarbeiten.

    Bisheriges Verfahren zur Ethikberatung verzögert Start von Projekten

    Bisher war es dann so, dass der leitende Partner des Vorhabens ein Ethik-Votum seiner zuständigen Ethik-Kommission einholte. Als nächstes mussten das dann alle weiteren Partner bei ihren lokalen Ethik-Kommissionen tun. Zwar konnten sie dabei auf das Ethikvotum des leitenden Partners zurückgreifen, aber mussten – aufgrund unterschiedlicher Regularien – oft zusätzliche oder anders formatierte Dokumente einreichen. Dies konnte angesichts noch möglicher Korrekturrunden Monate dauern. Lange Zeit lief dieser Prozess zudem auf Papier und per Postweg. „Der bürokratische Aufwand war enorm und konnte in Extremfällen zu monatelagen Verzögerungen bei der Durchführung von klinischen Studien in Deutschland führen“, kommentiert Karoline Gaede.

    Kontakt

    PD Dr. rer. nat. Karoline I. Gaede

    PD Dr. rer. nat. Karoline I. Gaede

    Leiterin "Biobank"

    T +49 4537 / 188-7050
    kgaede@fz-borstel.de

    Einführung eines vereinheitlichten Verfahrens überfällig

    Über eine Vereinfachung des Verfahrens diskutierten Forschende und Mitglieder von Ethik-Kommissionen lange. Das Ergebnis dieses Prozesses stellte Georg Schmidt im ersten Vortrag des Webinars dar: Am 15. Juni 2024 beschlossen Bundesärztekammer (BÄK) und AKEK, das Verfahren „One study – one vote“ einzuführen und somit die berufsrechtliche Beratung von Forschungsvorhaben bundesweit zu vereinheitlichen. Demnach muss nur noch der leitende Partner ein Votum seiner Ethik-Kommission einholen. Alle anderen Partner reichen dieses Votum und weitere standardisierte Unterlagen dann bei ihren Ethik-Kommissionen ein. Votiert wird darüber kein zweites, drittes oder viertes Mal. Zudem gibt es zwischen den deutschen Ethik-Kommissionen abgestimmte, einheitliche Unterlagen, die mittlerweile elektronisch übermittelt werden können.

    Wie hat sich das Verfahren in der Praxis bewährt?

    Ein Jahr nach Inkrafttreten zieht Inga Kaufhold von der Lübecker Ethik-Kommission Bilanz und berichtet, dass mittlerweile 81% der bundesdeutschen Ethik-Kommissionen die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Umsetzung der neuen Regelungen geschaffen haben. Sie beleuchtet außerdem, wie mit Studien, die noch unter der alten Regelung gestartet sind, umgegangen wird: Dabei gilt das Prinzip „One study – one vote” ebenfalls für sogenannte Amendments (Änderungsnachträge) zu Studien, die vor dem Juni 2024 ihr initiales Votum erhalten haben. Die Umstellung auf das neue Verfahren erfolgt ab sofort, soweit das lokal rechtlich möglich ist. Die für die Beratung des Amendments zuständige Kommission überprüft dann auch, ob die standardisierten Dokumente des AKEK inhaltlich beachtet werden, und rügt entsprechende Mängel.

    Erfahrungen der Webinar-Teilnehmer fließen in die Diskussion ein

    Im Anschluss an die Vorträge kam es unter den mehr als 160 Teilnehmenden zu einer regen Diskussion. „Wir haben mit der Thematik offenbar einen Nerv getroffen“, so Karoline Gaede. Zahlreiche Personen aus verschiedenen Forschungsverbünden, so aus den Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung (DZG), Biobank-Verbünden, der Medizininformatik-Initiative oder den Zentren für klinische Studien (ZKS) hatten sich beim Webinar zugeschaltet.

    „Um einen nachhaltigen Nutzen zu erzeugen, werden die Fragen aus dem Webinar gesammelt und an den AKEK weitergereicht“, ergänzt Gesine Richter. „Darauf aufbauend könnte man dort eine FAQ-Sammlung einrichten, die noch offene Fragen von Antragstellerinnen und Antragsteller bereits im Vorfeld ihres eigenen Ethik-Antrags beantwortet“, schlägt Richter weiter vor. Wenn Ethik-Kommissionen und Antragsteller:innen noch besser informiert wären, könnte „One study – one vote“ seinen vollen Nutzen entfalten und eine unbürokratischere Umsetzung von Studien ermöglichen.

    Die DZL-Initiative „DZL Ethic@Lunch bittet um Zusendung weiterer Fragen im Zusammenhang mit „One study – one vote“ an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

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