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19.12.2025

Neue klinische Standards stärken Antimicrobial Stewardship in der Tuberkuloseversorgung

    Antimicrobial Stewardship (AMS) bezeichnet koordinierte Strategien zur gezielten, evidenzbasierten und sicheren Anwendung von Antiinfektiva mit dem Ziel, Behandlungsergebnisse zu verbessern, Nebenwirkungen zu minimieren und die Entstehung sowie Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen zu verhindern. Während AMS in vielen Bereichen der Infektionsmedizin fest etabliert ist, fehlte bislang ein spezifisches, klinisch anwendbares Konzept für die Tuberkuloseversorgung.

    Tuberkulose trägt in erheblichem Maße zur globalen Last antimikrobieller Resistenzen bei. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Mycobacterium tuberculosis mit Rifampicin-Resistenz in der WHO Bacterial Priority Pathogens List 2024 als High-Priority-Pathogen eingestuft. Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Resistenz gegenüber neueren Schlüsselmedikamenten wie Bedaquilin, da sie die in den vergangenen Jahren erzielten Fortschritte in der Behandlung der medikamentenresistenten Tuberkulose gefährdet.

    Vor diesem Hintergrund wurden nun erstmals klinische Standards für Antimicrobial Stewardship in der Tuberkuloseversorgung veröffentlicht. Die Standards erschienen in der aktuellen Ausgabe des International Journal of Tuberculosis and Lung Disease Open und wurden von einem internationalen Expertengremium mit 62 Fachpersonen aus 32 Ländern und allen sechs WHO-Regionen im Rahmen eines strukturierten Delphi-Verfahrens entwickelt.Die Standards zielen darauf ab, Tuberkulose systematisch in bestehende AMS-Strukturen zu integrieren, Surveillance- und Resistenzmonitoring zu stärken, den Zugang zu zeitnaher und umfassender Resistenztestung zu verbessern und die Qualität der TB-Therapie konsequent an Wirksamkeit, Sicherheit und Resistenzvermeidung auszurichten. Dazu gehören unter anderem strukturierte Konsiliardienste, gezielte Testung und präventive Behandlung von Risikogruppen sowie eine engmaschige klinische und mikrobiologische Therapiekontrolle.

    „Antimikrobielle Resistenzen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte in der Tuberkulosebehandlung dar“, sagt Dr. med. Thomas Theo Brehm, Erstautor der Studie. „Mit diesen klinischen Standards wollen wir dazu beitragen, dass Tuberkulose auch in Zukunft wirksam, sicher und verantwortungsvoll behandelt werden kann.“

    Publikation:

    Brehm, T. T., Akkerman, O. W., Sotgiu, G., Tiberi, S., Chang, K.-C., Dheda, K., Duarte, R., Vambe, D., Udwadia, Z. F., Günther, G., Kuksa, L., Guglielmetti, L., García-Basteiro, A. L., Marks, G. B., Pulcini, C., & Lange, C. (2025). Clinical standards for antimicrobial stewardship in TB care. IJTLD Open, 2(12), 716–726. https://doi.org/10.5588/ijtldopen.25.0522

    Kontakt

    Silvia Wissel

    Dr. med. Thomas Theo Brehm

    FG Klinische Infektiologie
    Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum
    Parkallee 35
    23845 Borstel

    tbrehm@fz-borstel.de

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