Pressemitteilungen 2021

Antibiotikaresistente Tuberkulose: Neue Evidenz-basierte Definitionen

Tuberkulose ist die führende Todesursache einer bakteriellen Infektionskrankheit weltweit. Die Behandlung von Patienten mit Tuberkulose wird zunehmend schwieriger, da immer mehr Tuberkulosebakterien Antibiotikaresistenzen entwickeln. Die Ergebnisse der Tuberkulose-Behandlung stehen in direktem Zusammenhang mit der Anzahl der Medikamente, gegen die Mycobacterium tuberculosis resistent ist. Für den Behandlungserfolg sind aber nicht alle Medikamente gleich wichtig.

Seit dem Jahr 2006 definiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) multiresistente Tuberkulose (MDR-TB), wenn Mycobacterium tuberculosis gegen Rifampicin und Isoniazid resistent ist, und extensiv resistente Tuberkulose (XDR-TB), wenn zusätzlich eine Resistenz gegen eines der Fluorchinolone und eines der injizierbaren Zweitlinienmedikamente (SLID) Amikacin, Capreomycin und/oder Kanamycin vorliegt. Diese Definition verlor zuletzt an klinischer Relevanz, nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2019 neue Behandlungsempfehlungen einführte, die die Rolle der SLID herabstuften.

Eine internationale Gruppe von Wissenschaftler*innen hat nun individuelle klinische Daten von 11.666 Patienten mit einer MDR-TB analysiert, um die Behandlungsergebnisse von MDR-TB-Patienten zu bewerten und festzustellen, ob die bestehenden Definitionen noch relevant sind. In dieser Kohorte hatten 4653 (39,9 %) Patient*innen ein ungünstiges Behandlungsergebnis. Eine Resistenz gegen Fluorchinolone zusätzlich zu Rifampicin und Isoniazid erhöhte die Wahrscheinlichkeit eines ungünstigen Behandlungsergebnisses. Die Verabreichung eines neuen Medikaments, Bedaquilin, und/oder von Linezolid, eines Medikaments das eigentlich für andere Infektionserkrankungen entwickelt wurde, verbesserte die Behandlungsergebnisse unabhängig von einer Resistenz gegen Fluorchinolone und eines der SLID signifikant. Diese Studie bestätigte die Wirksamkeit der Kombination von Bedaquilin und Linezolid bei der Behandlung aller Formen der pulmonalen MDR-TB und lieferte damit neue Informationen, die für das klinische Management der arzneimittelresistenten Tuberkulose wichtig sind.

Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie (die erstmals auf einem WHO-Workshop Ende des Jahres 2020 vorgestellt wurde) führte die WHO neue Definitionen von "pre-XDR-TB" als MDR-TB plus zusätzliche Resistenz gegen ein beliebiges Fluorchinolon und die aktualisierte Definition von XDR-TB als MDR-TB plus zusätzliche Resistenz gegen ein beliebiges Fluorchinolon plus Bedaquilin und/oder Linezolid ein. Die Originalstudie ist jetzt im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht.

 „Die neuen Definitionen der verschiedenen Schweregrade der Antibiotikaresistenz der Tuberkulose sind Evidenz-basiert. Patienten mit einer schlechten Prognose können so frühzeitig erkannt werden, um die Therapie zu intensivieren, wenn nur noch schwächer wirksamen Medikamente zur Verfügung stehen. So können auch Patienten mit ursprünglich schlechter Prognose geheilt werden“ sagt Professor Christoph Lange vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung am Forschungszentrum Borstel, einer der Koordinatoren der Studie.

Publikation:

World Health Organization. Meeting report of the WHO expert consultation on drug-resistant tuberculosis treatment outcome definitions, 17-19 November 2020. ISBN 978-92-4-002219-5

Roelens M, Migliori GB, Rozanova R, Estill J, Campbell JR, Cegielski JP, Tiberi S, Palmero D, Fox GJ, Guglielmetti L, Sotgiu G, Brust JCM, Didi Bang D, Lange C, Menzies D, Keiser O, Raviglione M. Evidence-based definition for extensively drug-resistant tuberculosis. Am J Respir Crit Care Med. 2021 Jun 9. doi: 10.1164/rccm.202009-3527OC. Online ahead of print. PMID: 34107231

Kontakt:

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christoph Lange
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christoph Lange
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