Pressemitteilungen 2023

Prävention von Tuberkulose: Diagnostische Tests auf dem Prüfstand

Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum, hat etablierte Diagnoseverfahren verglichen, die das zukünftige Auftreten einer Tuberkulose voraussagen. Die Ergebnisse wurden nun in der Zeitschrift EClinicalMedicine veröffentlicht.

Der Tuberkulin-Hauttest (THT) und der Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) sind beides Tests zur Vorhersage des künftigen Tuberkuloserisikos in Risikogruppen. Sie funktionieren jedoch auf leicht unterschiedliche Weise.

Beim THT wird eine kleine Menge einer Substanz namens Tuberkulin in die Haut am Unterarm injiziert. Wenn eine Person mit den Tuberkulosebakterien Kontakt hatte, reagiert das Immunsystem auf das Tuberkulin und verursacht eine harte, erhabene Stelle (Induration) an der Injektionsstelle. Die Größe der Verhärtung wird 48 bis 72 Stunden nach der Injektion gemessen, um die Wahrscheinlichkeit eines Kontaktes mit Tuberkulosebakterien zu bestimmen.

IGRAs hingegen sind Bluttests, die den Gehalt an Interferon-Gamma messen, einer Substanz, die vom Immunsystem als Reaktion auf Antigene der Tuberkulosebakterien produziert wird.

Ein großer Vorteil der Bluttests gegenüber dem Hauttest besteht darin, dass sie bei Personen, die mit dem Bacille-Calmette-Guerin-Impfstoff (BCG) geimpft wurden oder die nicht-tuberkulösen Mykobakterien ausgesetzt waren, weniger wahrscheinlich falsch-positive Ergebnisse liefern. IGRAs sollten auch spezifischer für eine Infektionen mit Tuberkulosebakterien sein und werden weniger durch eine vorherige BCG-Impfung beeinflusst. Der THT kann bei Personen, die mit BCG geimpft wurden oder mit Mykobakterien aus der Umwelt in Kontakt gekommen sind, falsch positive Ergebnisse liefern. Der Hauttest ist jedoch deutlich kostengünstiger und benötigt keine Labor-Infrastruktur. Er ist in ärmeren Ländern, in denen die Tuberkulose häufiger vorkommt, besser einzusetzen.

In einer internationalen Forschergruppe unter der Leitung von Dr. Yohhei Hamada vom University College of London haben Forschende des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum und der Tuberculosis Network European Trialsgroup (TBNET) eine umfassende systematische Überprüfung und Meta-Analyse der wissenschaftlichen Literatur durchgeführt. Sie untersuchten Daten aus 13 Studien mit insgesamt 32 034 Teilnehmer. Ein Drittel der Personen kamen aus Ländern mit einer hohen Tuberkulose-Inzidenz.

Die Vorhersagekraft beider Tests, war in Ländern mit niedriger Tuberkulose-Inzidenzrate höher als in Ländern mit hoher Tuberkulose-Inzidenzrate. Die absoluten Unterschiede bei den positiven und negativen Vorhersagewerten zwischen THT und IGRA waren gering. Bei negativem Testergebniss trat bei beiden Tests in >99% der Fälle auch zukünftig keine Tuberkulose auf. Allerdings war der positive Vorhersagewert beider Tests in Ländern mit niedriger Tuberkulose-Inzidenz gering. Nur 2-3 % der Personen mit positivem THT- oder IGRA-Ergebnis entwickelte später eine Tuberkulose.

Zusammenfassend stellten die Autoren nur geringe Unterschiede in der Leistung beider Tests fest, viel weniger, als vorher angenommen. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Wahl des Tests unter Berücksichtigung der vorhandenen Möglichkeiten getroffen werden sollte. Das zukünftige Auftreten einer Tuberkulose wird durch beide Tests unzureichend vorhergesagt. "In Deutschland hat sich inzwischen der IGRA etabliert, in anderen Ländern, in denen IGRAs nicht zur Verfügung stehen, ist der THT eine vergleichbare Alternative. Wichtig ist es, dass man in Risikogruppen überhaupt an eine präventive Therapie der Tuberkulose denkt." so Professor Christoph Lange vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum.

Literatur:

Hamada Y, et al. Predictive performance of interferon-gamma release assays and the tuberculin skin test for incident tuberculosis: an individual participant data meta-analysis. EClinicalMedicine. 2023 Jan 5;56:101815. doi: 10.1016/j.eclinm.2022.101815. PMID: 36636295; PMCID: PMC9829704.

Kontakt:

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christoph Lange 
Medizinischer Direktor, Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum 
Professor für Respiratory Medicine & International Health, Universität zu Lübeck
Parkallee 35
23845 Borstel
T +49 4537 188 3321/0
F +49 4537 188 6030
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